Gustaf Dalman (1855-1941), der uns die folgenden Beschreibungen überliefert, war nicht Seifensieder, sondern Theologe. Er bereiste die Länder der Bibel, um aus den Kulturtechniken der Agrargesellschaften, die er vorfand, Rückschlüsse auf die Geschichte Israels zu ziehen. Dadurch, dass er im folgenden Text drei Seifensiedereien auf‘s Mal beschreibt, ist der Bericht nicht ganz einfach zu verstehen. Trotzdem ist er ein wertvolles Zeitdokument für die Zeit um 1900.
„In Aleppo wurde die Asche aus Kalipflanzen gemahlen und gesiebt, dann mit gelöschtem Kalk und Wasser vermischt und die Masse schliesslich in einen grossen Trog gefüllt (b). Die Tröge für die Kalimasse waren mit einer Wasserleitung (a) verbunden und hatten einen Abfluss in einen tiefer gelegenen, kleineren Trog (c). Nochmals tiefer lag rechts ein runder Platz, in dessen Mitte ein Kupferkessel eingelassen war, den man von unten mit Oliventrester – und nicht etwa mit rarem Holz! – heizte.
Die Masse, die von den quadratischen Trögen (b) nach den schmalen (c) abfloss, war erst rötlich und wurde solange mit Handeimern zurückgeschöpft, bis sie farblos war.
Unterdessen hatte man im Kessel Öl erhitzt, welches der Masse in den Trögen beigegeben wurde. Dabei floss wiederum Wasser unten ab und wurde während drei Tagen oben wieder nachgefüllt. Dann wurde das Wasser abgelassen und die Masse in den Kupferkessel gefüllt und sieben Stunden gekocht. Nach zwölf weiteren Stunden schied nochmals Wasser aus, welches für den nächsten Sud aufbewahrt wurde. Die Masse wurde abgeschöpft und durch eine Öffnung in den darüber liegenden, mit Kreidekalk bestreuten Dachboden gebracht (auf der Abbildung nicht sichtbar). Dieser war mit Giebeldächern bedeckt und zur Seite hin offen für gute Belüftung. Nach einigen Stunden wurde die Seife in Stücke geschnitten, aufgestapelt und mindestens vier Monate getrocknet. Bis 1932 gehörte Seife zu den wichtigen Exportgütern Palästinas.“
„Seife aus Nablus, um 1900. Verziert mit moslemischen Heiligtümern.“
Im 19. Jh. wurde in den östlichen Mittelmeerländern ein Grossteil des Olivenöls für die Seifenproduktion verwendet.
Die folgende Angabe der Rezeptur veranschaulicht die Grösse der oben beschriebenen Anlage:
Für einen Sud verwendete man – umgerechnet ca.
3337 kg Öl, 1350 bis 2700 kg Kali und 810 kg Kalk.
Seifenherstellung der Beduinen vor 1900:
Die Beduinen verbrannten einen Haufen von saponinhaltige Pflanzen, der mit Erde bedeckt wurde. Dabei trat Saft aus den erhitzten Pflanzenteilen, der in eine Grube abfloss. Dort liess man ihn erstarren und schnitt ihn in Stücke, die nach Aleppo geliefert wurden.
(Quelle: Gustaf Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. IV, Brot, Öl und Wein, Gütersloh 1935, S. 273-277; Abb. 79)