1650 Die Seifensiederin

Sehr eindrücklich und gut recherchiert schildert die Autorin Angelina Bauer in diesem Roman, welchen Stellenwert ein Stück Seife im Frankreich des 17. Jahrhunderts hatte. In einer Zeit, in der Juden der Brunnenvergiftung bezichtigt wurden und Hexen auf den Scheiterhaufen kamen, wollte sich niemand waschen aus Angst vor „vergiftetem Wasser“, aus Unkenntnis und Aberglauben. Man erfährt, wie eine Seifensiederin mit Magie in Verbindung gebracht wurde und wie schwierig es war, diesem Aberglauben zu entrinnen – aber auch, wie man ihn nutzen konnte.

Im Hinterhof bewahrte die Seifensiederin Marthe ihre hölzernen Aschefässer auf. Diese hatten Löcher im Boden und darüber war eine Schicht Kies aus dem nahen Fluss gestreut. Das Kies wiederum war mit Stroh bedeckt und darauf wurde die Hartholzasche geleert.
Um Lauge zu gewinnen leerte die Seifensiederin heisses Wasser in ihr Aschefass, liess es durchsickern und fing es unten wieder auf. Diese Prozedur wiederholte sie mehrmals. Danach liess sie die so gewonnene Lauge in einem weiteren Fass ruhen, damit sich der Schmutz am Boden setzte.

Im Keller stank es entsetzlich nach fauligem Fleisch, da hier der ausgelassene Rindertalg aufbewahrt wurde, der sich – so die Seifensiederin – ranzig besser verseifen lasse. Marthe verrät auch ihr Rezept: Sieben Teile Fett auf einen Teil Lauge und dazu etwas Mehl als Verdickungsmittel. Nach Einsetzen des Verseifungsprozesses wurde die Seife in eine Wanne geleert und noch gelegentlich umgerührt. Nach vier mal sieben Tagen war sie zum Gebrauch bereit und wurde in Stücke geschnitten. Die aus Talg gefertigten Wäscheseifen waren für die Bürgersleute bestimmt. Für die edlen Damen stellte Marthe reine Olivenölseife her, indem sie erst Seife siedete, diese dann nach ein paar Wochen Lagerung raspelte und im Wasserbald in einem Kupferkessel einschmolz. Dieser Masse gab sie das sehr kostbare Duftöl bei und liess die Seife nochmals in Holzformen hart werden. Jetzt wurde sie im Schutz der Nacht als Liebeszauber an edle Damen verkauft. (Die Seifensiederin, Berlin 2006, S. 96-102)

Das Buch schildert die Zustände vor dem Edikt von Colbert (1688) und gibt dieses historische Dokument am Ende in Deutsch wieder.

 

Edikt von Colbert 1688